Tag 27 Jeder Feldweg ist besser

Als wir aufwachen, sind dicke Schneewolken am Himmel. Kurz darauf fängt es auch an zu schneien. Als wir mit dem Frühstück fertig sind, hat die Sonnen wieder die Oberhand und schmilzt den liegen gebliebenen Schnee und trocknet das Zelt. Wir packen zusammen, als wir losfahren erwartet uns in den ersten 5 km ein ordentlicher Aufstieg. Das geht ganz schön auf die Pumpe. Es scheint und scheint kein Ende zu nehmen. Als es endlich etwas flacher wird, wird die Straße zur Schotterpiste. Wir hatten bisher Washboard, grosse Kieselsteine, Schotterwege und Schlaglochstrassen. Heute kommt alles zusammen, man findet quasi keinen Weg bzw. keine Linie auf der man mehr als 30Meter ohne große Steine in Weg oder Waschbrett-Schotter hat. Die großen Steine sind alle festgefahren, die kleinen zu Wellen aufgetürmt. Je steiler die Straße, desto unfahrbarer, es man ständig die Kontrolle über das Rad verliert, außerdem muss man Stein-Slalom fahren, um keinen Platten zu bekommen. Als wir die erste größere Steigung erreicht haben ist es bereits halb 1 und wir sind gerade mal 10km gefahren. Zwei deutsche Radfahrer halten an, sie haben das Batang Tal gemacht und fahren nun über den Highway nach Khorogh zurück. Dort sind sie auch gestartet. Eventuell sehen wir sie heute Abend oder in Khorogh noch einmal wieder. Wir sprechen kurz über die Strecke und den starken Gegenwind den wir die letzten 2 Tage hatten. Ihnen ging es genauso, morgens kaum Wind und ab Mittags oder Nachmittags deutlichen Gegenwind. Wir beenden die Pause, nachdem Ian den vorderen Mantel mit dem hinteren Mantel getauscht hatte und vorne den Ersatzmantel aufgezogen hatte. Der hintere Reifen sieht ziemlich ramponiert aus. Dazu kommt, dass sich bei mir, schon seit Karakul eine Schraube des vorderen Gepäckträgers immer lockert: So muss ich mehrmals am Tag die Schraube wieder festziehen. 

Keine 20 Minuten nachdem wir wieder auf dem Rad sitzen, meldet sich der Wind. Gegenwind natürlich. Wir kämpfen uns voran, die Straße wird und wird nicht besser und  es geht wieder bergauf. Mittlerweile haben wir mehrere Jacken übereinander an und warme Handschuhe. Durch den Wind sind jedoch Hände und Füße in kurzer Zeit Eiskalt. Immer dunklere Wolken ziehen auf. Diese ziehen erstaunlicherweise nicht mit dem Wind sondern sammeln sich genau da wo wir sind und wohin wir fahren müssen. Es weht wie an der Nordsee. Es ist so mühsam. Jetzt bekommen wir Schnee dazu. Ich diskutiere mehrmals laut mit dem Wind während ich das Rad ein Stück schiebe, da ich bergauf anders keine Kraft mehr habe. Weiter, immer weiter. Endlich erreichen wir den Pass auf 4273 Metern. Mittlerweile ist es spät, wir müssen noch 20km abfahren, um unsere Ziel in Jerondy so erreichen. Zum Glück geht es fast nur noch bergab. Die Straße besteht noch immer auf großen und kleinen mehr oder weniger festgefahrenen Steinen, manchmal auch aus Sand. Hoch konzentriert fahren wir die Serpentinen hinab, endlich wird die Straße besser, wir fliegen den Berg hinab. Noch immer müssen wir uns sehr konzentrieren, da jederzeit große Schlaglöcher auftauchen können. Dann seh ich zwei Schäferhunde von weit weg richtung Straße rennen. Wir bremsen aus voller Fahrt ab. Die Hunde schleichen um uns herum, es dauert ewig bis der Schäfer dazukommt. Er sagt irgendwas mit Touristen. Wir schieben die Räder und ignorieren die 2 Hunde. Ein Pickup kommt angefahren, bellend und bestimmt auch mit knapp 40kmh jagen die Hunde dem Hupenden Auto hinterher. Ich bin so froh, dass wir früh genug stehen geblieben sind. Jetzt ist unser Vorsprung wieder weg, die Hunde wieder auf unserer Höhe, wir schieben weiter bis wir etwas um die Kurve sind. Dann geht es weiter, weiter bergab, im Schneeregen, der nun stärker wird. Uns ist eh affenkalt. Nur noch 5km. Wieder ein Hund. Wir sind vorgewarnt, bleiben stehen. Der Bauarbeiter der mit dabei ist ruft den Hund. Immerhin. Das wars aber auch, der Hund schaut sich immer wieder um. Ganz langsam nähern wir uns auf den Rädern. Ian spricht den Mann an, zeigt auf den Hund. "Nein nein kein Problem, weiterfahren". Das tun wir dann, der Hund läuft trotzdem ein Stück hinter uns her, es geht gut bergab, so sind wir deutlich schneller. Endlich taucht das Dorf Jelondy auf. Auch das Orange-weiße Haus, welches uns vorher beschrieben wurde finden wir sofort. Das Hotel wurde um die heißen Quellen gebaut und man darf diese bei Übernachtung kostenfrei nutzen. Wir fragen nach einem Zimmer und haben großes Glück, dass 2 Belgierinnen uns mit in ihr Zimmer lassen. Das hat 4 Betten, sie haben aber für einen privaten Raum gebucht. Die Zwei sind super nett und unkompliziert und wir quatschen den Abend noch viel. Sie sind in Tashkent gestartet, mit dem Zug nach Samarkand, dann nach Dushanbe und von dort die Nordroute nach Khorogh. So treffen wir Sie 3 Tage nach Khorogh hier in Jelondy. Lynn ist Biomedizinerin und arbeitet in der Pharmaindustrie. Annemarie ist Sozialarbeiterin und Psychologin, teilweise selbstständig, teilweise über eine Schule angestellt.

Nach diesem harten Tag sind die heißen Quellen, in die man hier nackt und nach Geschlecht getrennt geht eine riesen Wohltat und entschädigt und ein Stück weit für den harten Tag. Auch Ian's Wunde macht keine Probleme und das Wasser soll ohnehin gut für die Haut sein. Wir wärmen uns richtig auf und essen dann Kohlsuppe und Kartoffelbrei in dem Essensraum. Wir trinken noch ein Bier mit den beiden Mädels und gehen um 10 Uhr ins Bett. Was ein Tag.